Wir schlafen aus und frühstücken. Weniger ist manchmal mehr, sage ich nur. Das Hotel Schießstätte bietet für die sonstigen Umstände ein recht umfangreiches Frühstück an (gefühlte 20 Sorten Müsli). Aber auch hier zieht sich die ordnenden Hand des Herbergsmutter durch den Frühstücksraum: Kühle unpersönliche Atmosphäre mit zuviel Infozetteln, Plastikblumen und aufgeklebten Marienkäfern.Gestärkt packen wir unsere sprichwörtlichen sieben Sachen, zahlen und machen uns auf den Weg. Ein letzte Wort noch zur Unterkunft: mit 79 Krachern ist die Bude nicht einmal billig!
Den Berg hinab rollen wir zum Radweg. Herr Barbossa nimmt am Altmühlradweg noch einige Kleidungsmodifikationen vor bevor es richtig losgehen kann. Die heutige Etappe führt uns über Beilngries mit einem Abstecher nach Berching nach Kelheim.
Unterwegs werden wir von Radlern beim Überholen nach unserer Geschwindigkeit befragt. Ich brülle nur „Dreißig“ und wir hauen weiter rein 🙂 Der Radweg windet sich schön entlang der Altmühl. Wir sehen jede Menge Paddler, die in Zelten übernachtet haben und sich wieder in die Boote begeben. Mit so einem Paddelboot kann man die Region wahrscheinlich aus einer ganz besonders interessanten Perspektive erkunden. Der plätschernder Lauf der Altmühl entschleunigt dabei sicherlich auf angenehme Weise. Wir treten jedenfalls munter rein. Vor Kinding überholen wir eine relativ große Radfahrergruppe und springen den kleinen Anstieg nur so hinauf. Dem Radweg folgen wir bis ins Zentrum von Beilngries, wo wir uns im Cafe Stoll mit Kaffee und Backwerk erfrischen. Die Torten sehen wirklich allerfeinst aus, sind aber wegen Creme oder Sahne gar nichts für Radfahrer. Hier treffen wir auf ein Duo, welches wir schon am Vortag vor Eichstätt überholt hatten. Auffällig ist der Doppellenker am Fahrrad des einen Radlers. Egal- wir kommen ins Gespräch. Die Jungs kommen aus München, sind per Bahn mit den Rädern bis Würzburg gefahren und wollen wieder nach München zurück. Ob sie das aber per Rad oder doch per Bahn wollen, haben sie uns nicht verraten.
Wir hüpfen wieder auf die Räder und suchen den Weg nach Berching, da passiert es erneut: Clobber Girl gerät tangetial an den Bordstein, es haut sie aus dem Sattel und sie stürzt genau auf dieselben Stellen, die sie sich schon in Marktbreit ramponiert hatte. *Autsch* Käptn Barbossa versorgt seine Mitstreiterin medizinisch mit einem Hansa-Strip. Gemeinsam stellen wir die Clickpedale auf ein gleiches Maß ein. Clobber Girl hat nämlich bemerkt, dass sie nicht gleichmäßig aus den Pedalen gekommen ist und daher letztendlich gestürzt ist. Frau und Rad sind einigermaßen hergestellt und wir setzen unseren Trip fort. Noch irren wir etwa 200 Meter auf dem Barock-Radweg herum, bevor uns ein netter Beilngrieser den richtigen Weg gen Berching weist.
Am Main-Donau-Kanal entlangt führt uns der Weg durch eine Menschenansammlung an einem Sportboothafen. Der Bootsclub feiert sein Hafenfest. Wir bahnen uns vorsichtig unseren Weg und radeln am Kanal hinauf. An einer Schleuse wechseln wir auf das andere Ufer, setzen unterhalb des Damms den Weg fort und sind dann schon in Berching. In Berching befinden wir uns schon in der Oberpfalz. Es gibt einen mittelalterlichen Stadtkern anzusehen. Ferner ist ein begehbarer Wehrgang entlang der alten Stadtmauer erhalten.
Wir wollen wieder nach Beilngries zurück und entscheiden uns für den Weg über Eglasmühle und Plankstetten. In letzterem sehen wir uns das Kloster an. Dort steigt irgendeine Party, aber wir wissen nicht welche. Da wir nicht eingeladen sind und auch einen etwas anderen Kleidungsstil an den Tag legen als die feinen Herrschaften, setzen wir unseren Weg fort. Beim Hafenfest in Beilngries kommen wir uns auch nicht ganz so exotisch vor. Wir unterstützen den Bootsclub durch Verzehr von Bratwurstsemmeln und Apfelschorlen. Erst auf dem Weg von Berching zurück nach Beilngries fällt uns auf, dass wir uns nun in Oberbayern befinden. Aus diesem Anlass stimme ich natürlich sofort das Lied von Costa Cordalis an.
Der Weg nach Kelheim führt uns durch das Zentrum von Beilngries weiter an der Altmühl entlang. Die Fahrt ist eigentlich relativ unspektakulär. Erwähnenswert ist das Windschattenduell mit einem Rennrad-Opa von Töging bis hinter Dietfurt an der Altmühl. Von hier an hat die Altmühl nun mehr oder weniger ausgedient uns es regiert der Kanal. Der Rennradopa strampelt so mirnichtsdirnichts den Berg hinauf, wahrend wir uns mit dem Gepäck ganz gut schinden müssen.
In Riedenburg verschnaufen wir kurz auf den Rädern und machen eine Trinkpause. Ich bemerke jetzt deutlich den Unterschied zwischen den verschiedenen Radhosen. Die Hose der ersten Etappen hat dem Gesäß ganz gut zugesetzt, während die aktuelle Hose (auch von Protective) viel angenehmer ist. Wir rappeln uns auf, um die restlichen guten 15 Kilometer noch sauber runter zu radeln. Wir wechseln die Kanalseite und Radeln bis nach Essing. Dort kann man europas größte Holzbrücke bestaunen. Ich will da unbedingt rauf. Nach ein paar Metern befällt mich aber meine Höhenangst und ich schiebe mein Fahrrad über die Brücke.
Kelheim ist nun wirklich nicht mehr weit. Wir treten rein, werden fast von einem entgegen kommenden Rentner-Peloton breit gefahren bevor wir an der Schleuse zum letzten Mal das Kanalufer wechseln. Auf der Suche nach der Touristinfo steuern wir die Innenstadt an. Das erste was wir sehen ist das Weiße Brauhaus wo die leckere Schneiderweiße herkommt. Auf den zweiten Blick sehen wir dann auch die Touristinfo in der Nähe, an der wir schon vorbei gefahren sind. Dort vermittelt uns die nette Dame ein super Zimmer in der Pension Dietz genau zwischen Touristinfo und dem Weißen Brauhaus. Hochzeit, Weihnachten und Geburtstag an einen Tag 🙂 Die nette Dame weist uns auf einige Gaststätten hin, in denen wir abends speisen könnten. Das klingt alles schon ganz gut und wir wollen uns die Läden mal ansehen.
Apropos ansehen: Wir bestaunen die vier Karbonrennräder der Radfahrer, die sich in der Eisdiele erfrischen. Ob unserer Räder und unseres Auftretens mustern uns die Radler ebenfalls anerkennend. Also ab in die Pension. Ein Top-Tipp, wie bereits erwähnt, in unmittelbarer Nähe zum Weißen Brauhaus. Das Zimmer ist in einem sehr ordentlichen Zustand, der Preis stimmt und unsere Laune ist auch obenauf.
Der Fahrradtacho zeigt 116,6 km an, während wir laut bikemap 111,7 km auf der Etappe „Sommertour09: 06. Eichstätt – Kelheim“ zurück gelegt haben.
Wir duschen, waschen unsere Trikots und rücken aus, um die Stadt nach Essbarem zu durchsuchen. Unsere Entscheidung fällt auf den Gasthof Stockhammer, der auch in der Aufzählung der netten Dame von der Touristinfo auftauchte. Es findet heute bei strahlendem Sonnenschein nämlich „Stockis Bierfest 2009“ mit Bier, bayerischer Musik und einer besonderen Tageskarte statt. Genau das richtige für uns nach der langen Etappe und den Blessuren, die mein Clobber Girl davon getragen hat. Wir trinken ein Helles, bestellen Ochsenbraten und geben bei unseren Eltern Lebenszeichen durch.
Nachdem wir den Braten verputzt hatten, wollten wir eigentlich nur noch ein Weizen, Woazn oder Weißbier im Weißen Brauhaus zischen. Die frisch vom Hersteller gezapfte Schneiderweiße schmeckt derart gut, wie ein Bier nur schmecken kann, sodass wir noch eins trinken müssen. Das Bier fährt uns in die ohnehin schon gut beanspruchten Glieder, sodass wir uns in unsere romantische Pension zurück ziehen und ordentlich schnarchen.
Fazit des Tages: In Eichstätt zu Hotelpreisen in einer Jugendherberge gepennt – Clobber Girl ist hart im Nehmen – Schneiderweiße rockt – Century-Etappe